INNEN LAND – EIN WIDERSPRUCH?

„Landschafts-Skulpturen“ von Sigrid Carl

 

Schon der Titel „Innen Land“ scheint ein Widerspruch in sich:
Ist doch Land gewöhnlich draussen, im Freien. Hier aber ist „Land“ oder genauer „Landschaft“ nach innen versetzt worden: Ins Innere des Comoedienhauses von Schloß Fantaisie. Hinzu kommt, dass dem Betrachter sogar der Zugang ins Innere verwehrt wird. Er kann die Landschafts-Skulpturen nur von außen, durch die bis zum Boden gehenden Fenster betrachten. „Innen Land“ also wortwörtlich.

 

„Innen Land“ kann aber auch ganz anders gelesen werden: innen, in mir, wie ich Land wahrnehme und mit Empfindungen verbinde. In der Kunstgeschichte gibt es sogar einen Begriff dafür: Innenlandschaften oder Innere Landschaften.

Ein weitere Widerspruch tut sich auf, betrachtet am das Sujet „Landschaft“ und den für die Landschafts-Skulpturen verwendeten Werkstoff.

 

Das Sujet Landschaft ist  in der Kunstgeschichte mittlerweile schon fünf Jahrhunderte bekannt. Von Altdorfer über Ruisdael, C.D. Friedrich bis in die große Zeit der Landschaft in der Kunst des neunzehnten Jahrhunderts.  Von der idealen Landschaft eines Claude Lorrain, über die romantische Landschaft  bis hin zur idyllischen biedermeierlichen  Landschaft oder auch der heroischen Landschaft eines Josef Anton Koch ist das Thema Landschaft in der Geschichte der Kunst vielfältig emotional positiv besetzt.

„Romantisch“ oder „idyllisch“ höre ich, offensichtlich auch aus diesem Erfahrungshintergrund heraus, oft als erste Reaktion auf meine Arbeiten.

 

Wäre da nicht das Material. Es bremst schnell das ungezügelte Gefühl, denn mein  Material ist durch und durch spürbar künstlich, trotz seiner „natürlichen“ grünen Farbe. Durch seine grüne Farbe vermittelt es zwar zunächst den Anschein einer Naturnähe, gleichzeitig mutet es aber wiederum so künstlich an, wie selten ein Material. Auch sieht das Auge sehr schnell den sehr fremdartigen künstlichen Schimmer des feinporigen Materials. Man wird eher an menschenferne Kraterlandschaften erinnert, als an ein Landschaftsidyll . Hinzu kommt, dass es beim Bearbeiten den Ohren weh tut und sich außerdem auch gar nicht gut anfühlt. Ähnlich haptisch und akustisch unangenehme Gefühle ruft sonst nur noch das den meisten bekannte Styropor hervor. Zu guter letzt ist es dann auch noch äusserst berührungsempfindlich.  Alles Eigenschaften, die jegliches Gefühl von „Romantik“ und „Idylle, was mit dem Thema Landschaft verbunden werden möchte, zunichte machen.  Die Idylle rückt in weite Ferne. Aber es gibt sie ja auch nicht und hat sie nie gegeben.

 

Infotext zur Ausstellung „Innen Land“, 2006, Comoedienhaus von Schloss Fantaisie bei Bayreuth